
Was macht eigentlich… ein Geldwäschebeauftragter?
Hamburg, 4. September 2024
Bei Barclays in Hamburg arbeiten etwa 700 Menschen in vielfältigen Berufen – darunter einige eher ungewöhnliche. In unserem Format “Was macht eigentlich…” stellen regelmäßig Mitarbeitende ihren Job vor und verraten, warum sie ihn machen, was sie an ihm mögen und was ihn besonders macht. Diesmal: Andreas Gottwald. Als stellvertretender Geldwäschebeauftragter bei Barclays überwacht er mit seinem Team, dass die Bank alle gesetzlichen Vorgaben zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einhält.
In wenigen Sätzen: Wie sah dein Karriereweg bis hierher aus?
Ich habe Jura studiert und anschließend in der Compliance-Abteilung eines Telekommunikationsunternehmens in den Niederlanden gearbeitet. Seit 15 Jahren bin ich jetzt bei Barclays. Angefangen habe ich im Customer Service, nach kurzer Zeit bin ich dann aber in den Bereich Compliance gewechselt. Von Financial Crime bis Advisory-Tätigkeiten habe ich vieles gemacht und seit sechs Jahren arbeite ich in meiner jetzigen Position.
Welche Ausbildung benötigt man für deinen Beruf?
Es gibt zwei Wege in den Beruf: entweder ein Studium – zum Beispiel Jura – oder eine Ausbildung bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Wenn du diesen Job aufnimmst, muss das der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemeldet werden. Diese prüft anhand deines Lebenslaufes, ob du qualifiziert bist. Im Job sind dann regelmäßige Fortbildungen vorgeschrieben, damit du immer auf dem neuesten Stand bist, was Regularien und Gesetze betrifft.

Andreas Gottwald
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Das ist gerade das Spannende: Wenn ich morgens ins Büro komme oder den Rechner anmache, weiß ich nie wirklich, was mich erwartetet. Was wir aber regelmäßig machen, ist das sogenannte Transaktions-Monitoring: Alle Transaktionen, die unsere Kund:innen tätigen, werden durch ein Computersystem auf Auffälligkeiten gescreent. Wir müssen diese analysieren, bewerten und entscheiden, ob wir sie weiterverfolgen. Wenn ja, machen wir eine sogenannte Geldwäscheverdachtsmeldung. Wir sind also täglich im engen Austausch mit den Geldwäschebeauftragten anderer Banken, der BaFin und den Ermittlungsbehörden.
An welchen Projekten arbeitest du jetzt gerade?
Die Digitalisierung beschäftigt auch mich und den Bereich, in dem ich arbeite. Das beginnt mit Themen wie der digitalen Kundenidentifikation. Wir analysieren zusammen mit anderen Bereichen des Unternehmens aber auch, inwiefern neue KI-Anwendungen unsere Arbeit unterstützen können.
Was macht deinen Job bei Barclays besonders?
Ich habe eine unabhängige Stellung mit alleiniger Entscheidungsbefugnis bezüglich geldwäscherechtlichen Fragestellungen. Das heißt: Ich darf und muss eigenständig Entscheidungen treffen – teilweise auch ohne Absprache mit dem Vorgesetzten und sogar manchmal entgegen den geschäftlichen Notwendigkeiten. Diese Entscheidungsbefugnis impliziert eine hohe Verantwortung. Bei Nachlässigkeiten besteht dann auch eine persönliche Haftung. Das macht die besondere Herausforderung in diesem Job aus.
Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, die man in deinem Beruf braucht?
Da jeder Tag anders ist, braucht es Disziplin und eine gute Selbstorganisation, um sinnvoll zu priorisieren. Außerdem ist Empathie wichtig, analytisch-strategisches Denken und definitiv ein hohes Maß an Entscheidungsfreude.
Was gefällt dir besonders an deinem Beruf?
Dass ich in viele Prozesse integriert bin, mit meinen Entscheidungen wirklich mithelfen kann, einen super Überblick über das gesamte Geschäft habe, aber trotzdem unabhängig bin.
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Die größte Herausforderung ist für mich, dass ich durchaus mal Gegenwind bekomme, wenn zum Beispiel ein neuer Produktprozess eingeführt werden soll und unser Team dann sagt: Nein, das können wir so nicht machen. Da kann schon recht viel Druck entstehen.
Bislang haben wir es immer geschafft die, Interessen unserer Kunden sowie Geschäftsinteressen mit den regulatorischen Anforderungen in Einklang zu bringen und tragen damit zu einem nahhaltigen Wachstum unseres Geschäfts bei.
Welche Möglichkeiten der Weiterentwicklung gibt es?
Der Bereich Geldwäsche ist stark reglementiert und erfordert ein besonderes Fachwissen. Es ändern sich nicht nur rechtliche Rahmenbedingungen, sondern auch potentielle Geldwäscher benutzen regelmäßig neue Modi Operandi. Eine stetige Fortbildung in diesen Bereichen ist ein Muss in dieser Position..
Welche drei Wörter beschreiben deinen Beruf am besten?
Unabhängig, herausfordernd, erfüllend.
Wie trägt deine Arbeit zur Unternehmenskultur bei?
Da wir nur ein sehr kleines Team sind und somit eine Art Inselposition innehaben, haben wir automatisch mit ganz vielen anderen Teams im Unternehmen zu tun. Der regelmäßige Austausch trägt auf jeden Fall zur Unternehmenskultur bei und stellt sicher, dass wir uns als Bank konform verhalten.
Was war der ungewöhnlichste Moment in deinem Job?
Vor drei Jahren war ich gerade in Elternzeit, als ich auf einmal einen Anruf von einem Richter beim Amtsgericht München bekam: Ich müsse bitte ganz, ganz schnell zum Gerichtstermin kommen. Vor meiner Elternzeit hatten wir einen Geldwäscheverdacht gemeldet und nun solle spontan eine Verhandlung stattfinden – und man brauche mich unbedingt. Da musste ich innerhalb von wenigen Tagen einen Flug von Hamburg nach München buchen, Betreuung für den Kleinen organisieren und alles stehen und liegen lassen.
Welche Tipps würdest du jemandem geben, der in diesem Bereich arbeiten möchte?
Wenn du anfängst, würde ich mich in den ersten ein, zwei Monaten immer mal zu den Kolleginnen und Kollegen aus den operativen Bereichen und dem Bereich Legal setzen und ihnen über die Schulter schauen, um ein Gefühl für das Geschäft zu bekommen: Wie kommunizieren sie? Was sind die Anliegen der Kundinnen und Kunden? Da kannst du viel lernen, was auch in deinem Bereich später einmal nützlich sein wird. Und es ist wichtig, sich regelmäßig fortzubilden, sei es durch Workshops, Newsletter oder Bücher.
Ohne welchen Gegenstand oder welches Gadget könntest du deinen Job nicht machen?
Zurzeit ist das ganz klassisch mein E-Mail-Zugang, mittelfristig dann wahrscheinlich auch Chat GPT oder andere KI-Anwendungen.