Kollegen unterhalten sich entspannt in einem Meeting.

"Es gab von Anfang an Menschen, die mir den Rücken gestärkt haben"

Hamburg, 06. März 2024

Anlässlich des Weltfrauentages haben wir mit zwei weiblichen Führungskräften bei Barclays über Karriere sowie Herausforderungen und Lösungen für den Werdegang von Frauen gesprochen: Julia Hagemann und Sarah Westphal arbeiten beide als Führungskräfte im Bereich CIO (Chief Information Office).  Julia verantwortet derzeit als Head of Change Delivery einen Bereich von rund 120 Personen, die primär in Hamburg, Manchester, Northampton und Pune (Indien) arbeiten und IT-bezogene Veränderungen planen und durchführen. 

Sarah hat mehrere Positionen in den Abteilungen Finance und Operations durchlaufen und ist als Portfolio Lead / Programme Manager für die Lieferung von verschiedenen technischen Projekten sowie  strategischer Initiativen innerhalb ihres Portfolios verantwortlich.  Zusätzlich leitet sie ein Team von sieben Mitarbeitenden. 

Julia, Sarah, ihr habt ja beide schon einige Jahre Berufserfahrung. Inwieweit hat sich die Rolle von Frauen im Berufsleben seit Beginn eurer Karrieren verändert?

Sarah: Grundsätzlich hat sich das Bewusstsein verstärkt, dass man gerne mehr weibliche Führungskräfte hätte und dass man die Möglichkeiten dafür schaffen muss. Vorwiegend bewegen sich weibliche Führungskräfte aber immer noch auf der unteren Ebene. Und auch das Verständnis für Teilzeit ist zum Beispiel noch nicht so richtig groß. In vielen Unternehmen herrscht noch eine Ellenbogenmentalität, mit der sich viele Frauen nicht wohlfühlen. Insgesamt bin ich der Meinung, man hat den Handlungsbedarf erkannt, dennoch werden Frauen tatsächlich zu wenig gefördert.

Julia: Ich bin da positiver unterwegs. Ich komme aus einer Familie, in der Frauen schon seit mehreren Generationen gleichberechtigt gearbeitet und verdient haben, sodass ich nie das Gefühl hatte, dass es für Frauen eine gläserne Decke gab. Trotzdem hat sich seit meinem Berufsstart vor fast  20 Jahren einiges geändert.  Sprüche und Andeutungen würden heute weder von den Kolleginnen noch von Barclays geduldet werden.  Auch werden Themen wie Teamkommunikation, Geschenke etc. nicht mehr automatisch den weiblichen Teammitgliedern zugewiesen, weil sie sich doch so gerne kümmern.

Trotzdem  stimme ich Sarah zu –wir haben immer noch zu wenige weibliche Führungskräfte.

Julia Hagemann & Sarah Westphal

Julia Hagemann und Sarah Westphal (v.l.n.r.)

Ab welchem Zeitpunkt war euch klar, dass ihr gerne eine Führungsrolle übernehmt?

Julia: Bei mir stand immer der Spaß an der Rolle im Vordergrund. Diese Einstellung habe ich auch von zu Hause mitbekommen:. Mach was dir Spaß bringt, dann bist du auch gut und kannst auch oben mitspielen. Egal ob das jetzt im Rahmen von Führung ist oder im Rahmen einer Fachkarriere. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt: Du kannst auch Bäckerin werden, du musst nicht studieren – aber wenn du etwas machst, dann machst du es richtig.

Trotzdem finde ich es einfach sehr wichtig, als Frau auch weibliche Vorbilder zu haben. Dass jemand dir vorlebt, dass es als Frau normal ist Chefin zu sein. 

Sarah: Ich bin, anders als Julia, die Erste in meiner Familie, die studiert hat, und mein Motto war immer: „Ich schau mal, wie weit ich komme“. Ich habe mich einfach stetig versucht, beruflich weiterzuentwickeln und da kam dann automatisch auch das Thema Führung auf. Wie Julia schon gesagt hat, es ist wichtig, beruflich etwas zu machen, woran man Spaß hat. Der Rest ergibt sich dann. Ich habe als Kind zum Beispiel nach der Schule häufiger meinen Vater bei der Arbeit besucht und habe dabei meine Affinität zu Zahlen und Finanzen entwickelt. In dem Feld habe ich auch meine Karriere bei Barclays gestartet.

Ihr beide habt ja keine klassische IT-Karriere gemacht. Erzählt mal von eurem Weg. 

Julia: Ich habe ursprünglich Sport und BWL studiert und wollte immer im Bereich Sport arbeiten.  Als Kind war ich begeistert von einem Freund meines Vaters, der im Hintergrund die Übertragung der Olympischen Spiele für einen großen Fernsehsender koordiniert hat. In das Thema Technik bin ich später aber durch Zufall gerutscht. Ich habe nach meinen Studium ganz klassisch in der Beratung angefangen. In dieser Zeit wurde ich für ein IT-Projekt ausgeliehen und habe gemerkt, dass mir das richtig viel Spaß bringt.  

Sarah: Ich habe als BWLer zwar mit Wirtschaftsinformatikern zusammen studiert, mich aber klassisch für Controlling und Accounting entschieden und habe daher erst einmal in der Wirtschaftsprüfung angefangen. Ich kann zwar nur sehr eingeschränkt programmieren, bringe dafür andere Fähigkeiten mit, die im Projektmanagement wichtig sind, wie zum Beispiel Finanzen und Stakeholdermanagement. Des Weiteren haben ich mich natürlich durch kontinuierliche Weiterentwicklung immer weiter in das Thema IT-Projektmanagement eingearbeitet.

Gab es denn in eurer Karriere Personen, die euch besonders gefördert oder beeindruckt haben?

Julia: Ja, die gab es. Und darunter – das erzähle ich auch gerne meinen Mitarbeitern – auch viele Männer. Es muss also nicht immer das Frauennetzwerk sein. Auch bei Barclays gab es von Anfang an Menschen, die mir den Rücken gestärkt haben und Sachen möglich gemacht haben. Die ganz einfach „Mach doch mal!“ gesagt und mir Rollen und Chancen gegeben haben und mich darüber hinaus in meiner Rolle auch vor anderen verteidigt haben.

Zu meinen Beraterzeiten und auch bei Barclays gab es außerdem immer sehr starke, intelligente Frauen, die mich als Vorbild tief beeindruckt haben. Mit einigen von diesen Frauen, bin ich bis heute befreundet und hole mir auch immer gerne wieder berufliche Ratschläge.   

Sarah: Bei mir war das ähnlich. Ich wurde viel gefördert und wenn ich an eine gläserne Decke gestoßen bin, wurden mir auch abteilungsübergreifend Entwicklungsmöglichkeiten geboten. Manchmal ist ein Schritt zur Seite eine sehr gute Option für einen späteren Schritt nach oben. Ich habe hierbei mehr als einmal gedacht: „Wenn sie mir das zutrauen, traue ich es mir auch zu." Das ist zu meinem Motto geworden. 

Welchen Tipp könnt ihr Frauen mit auf den Weg geben?

Julia: Was ich in meiner Karriere lernen musste – und da sind Männer oft viel besser – ist, um Unterstützung  zu bitten. Immer wenn ich danach gefragt habe – egal ob Männer oder Frauen – wurde mir das sehr gerne gegeben. Auch jetzt als Führungskraft fällt mir auf, dass mich viele Männer um Coaching oder Mentoring bitten. Dieses Selbstverständnis, Förderung einzufordern, fällt vielen Frauen immer noch sehr schwer. Ich bin der Meinung, das stoppt uns.

Sarah: Da stimme ich dir zu, Julia. Ich glaube, das geht häufig auch mit der Angst einher, dass man dann nicht kompetent genug wirkt. Das sollten Frauen schnell ablegen:  Jeder macht mal Fehler, aber wenn man von einer Aufgabe überfordert ist und nicht nach Hilfe fragt, macht man die Situation für das ganze Team oder Projekt häufig noch schlimmer. 

Welche Herausforderungen hattet ihr zu meistern und wie seid ihr damit umgegangen?

Julia: Grundsätzlich glaube ich, dass Männer kompetitiver miteinander umgehen. Da musste ich mich als einzige Frau im Leadershipteam erst einmal dran gewöhnen.

Heute sage ich meinen Mitarbeiterinnen immer: Wenn Männer anfangen zu sticheln, dann nehmen sie dich als ebenbürtig ernst. Das ist ein Kompliment und darf dich nicht verunsichern. 

Darüber hinaus muss ich ehrlich sagen, dass ich mir aber auch mehr als einmal anhören musste, dass ich die Stelle ja nur bekommen hätte, „weil du eine Frau bist .“ So etwas ärgert mich immer sehr. Gerade in Anbetracht dessen, dass es bei Barclays sehr transparente Prozesse zur Beförderung gibt.

Sarah: Insgesamt muss ich sagen, ich hatte oft das Gefühl, dass man als Frau ein bisschen härter arbeiten muss bzw. sich erst einmal beweisen muss.

Ich habe mal ein Team  als Quereinsteigerin übernommen und neu aufgestellt, da hatte ich schon auch mit Vorurteilen zu kämpfen, ob der männliche Konkurrent nicht die bessere Wahl gewesen wäre.  Aber in dem Moment, in dem das Team gemerkt hat, die stellt die richtigen Fragen, oder die hat es verstanden, wurde es viel einfacher.

Wunschszenario: Was glaubt ihr, könnte oder müsste sich vielleicht noch verbessern, wenn es um Frauen und Karriere geht?

Julia: Ganz klar: männliche Vorbilder schaffen. Also ich habe in meinem Team sehr, sehr viele Männer, durchaus auch in Führungspositionen, die ihre Arbeitszeiten für die Kinder reduziert haben. Aber darüber reden wir zu wenig. Ich glaube, wir müssen da mehr aus der Geschlechtersichtweise raus.

Sarah: Und da haben wir bei Barclays durchaus Vorbildcharakter: Wir haben auch viele Männer, die sehr an der Kinderbetreuung beteiligt sind. Kollegen, die nachmittags die Kinder von der Kita abholen oder morgens später kommen, weil sie sagen, ich bringe immer mein Kind zur Kita oder zur Schule. Oder die eine lange Mittagspause machen, weil sie für die Kinder mittags zuständig sind.

Was ratet ihr Frauen, die in Teilzeit als Führungskraft arbeiten möchten?

Julia: Traut euch! Für mich als Führungskraft ist nur wichtig, dass ich Planungssicherheit habe. Ein großartiges Beispiel: Ich habe eine Mitarbeiterin, die klar kommuniziert hat: Ich gehe in Elternzeit und komme dann zwei Monate lang in Vollzeit wieder, um mich einzuarbeiten. So lange geht mein Mann in Elternzeit, danach reduziere ich auf 30 Stunden. Das hat mir die Planungssicherheit gegeben, die ich benötigt habe, sie als Führungskraft weiter zu entwickeln. Insgesamt habe ich bei Barclays schon viele Frauen in Teilzeit auch in höheren Führungspositionen erlebt. 

Sarah: Mein Rat ist, dies auch dem Partner gegenüber klar zu kommunizieren und sich die Verantwortung dann entsprechend aufzuteilen. Ich habe letztes Jahr mit einer Kollegin  in Teilzeit zusammengearbeitet, die hat sich jeden Sonntag mit ihrem Mann hingesetzt und besprochen, wer wann ein wichtiges Meeting hat und wer wann das Kind nehmen könnte, falls es krank wird. Das war wirklich gut, weil ich mich immer auf sie verlassen konnte.